Sonntag, 18. Mai 2014

Der Magier der Stoffe

Der Magier der Stoffe

Wolle, Seide, Baumwolle, Leinen, Sabra ... 
Die Materialien mischen sich und Farben entstehen unter den Händen von Mustapha Nait M´barek. Er ist Weber wie seine Vorfahren seit 4 Generationen und er hat diese altüberlieferte Kunst erneuert und trotzdem die Tradition gewahrt. Seine Stoffe verwandeln sich in Vorhänge, Taschen, Pantoffeln, Tücher und Kissen nach seiner Phantasie und den Wünschen der Kunden, die sein Reich betreten.

Das Hin- und Her der Weberschiffchen hört nicht auf, schnell und präzis. Rot, gelb, orange, ockerfarben, die Fäden kreuzen sich immer wieder, ohne dass sie sich verheddern. Faden für Faden entsteht aus diesem synchronisierten Ballet eine schillernde Farbe, die das Licht ständig verändert. Die Weber sind konzentriert und heben kaum den Kopf, um das fröhliche „assalam alaikum“ von Mustapha zu beantworten. Er ist 30 Jahre alt und leitet das Familienunternehmen, das aus einer Boutique „Le Carrefour du tisserand“, aus 2 Werkstätten und 11 Webstühlen besteht. 

Und egal welches Handwerk... „Wir sind die einzigen in Afrika, die 2,4 m breit und dreifach arbeiten“. Mustapha lädt uns ein, ihm in seinen, wie er ihn nennt showroom zu folgen, ein Zimmer voll von Stoffen in tausend und einer Farbe. Nur tausend und einer? Nicht nur! „Ich kann in Wirklichkeit 3600 verschiedene Färbungen herstellen und 10 Materialien mischen: Wolle, Pflanzenseide, Leinen, Baumwolle, Bast, versilberter oder vergoldeter Draht, Feder, Perlen...“. Mustapha ist sichtlich stolz auf sein Wissen, zu Recht. 
Als Sohn,  Enkel und Großenkel eines Webers führt er die Familientradition mit wahrer Liebe für den Beruf fort. „Meine Vorfahren waren auf leichte Stoffe für hochwertige Jellabas und Kaftane spezialisiert. Sie haben hauptsächlich Seide und samtige Wolle benutzt. Ich wollte diese Stoffe haltbarer machen, aber ihre Geschmeidigkeit behalten. Zuerst habe ich bestickte Decken hergestellt, danach habe ich Abstufungen eingeführt. Sehen Sie sich diese Decken „Sonnenuntergang“ an, die vom hellen Gelb über verschiedene Rot- und Orangetöne zum Braun übergehen. Ich habe dieses Modell auf den Markt gebracht. Nach den Decken und Bettüberzügen, bin ich zu den Vorhängen übergegangen. Das war 1998“. 

In diesem Jahr hat Mustapha eine zweite Werkstatt eröffnet mit 4 neuen Webstühlen, die er in Fès bestellt hat. „In Marokko gibt es nur noch 2 Handwerker, die sie herstellen. Ein Beruf, der riskiert in ein paar Jahren zu verschwinden. Aber ich bin um meinen Handel nicht besorgt. Ich habe Pläne und das Ausmaß meines Handwerks im Kopf. Ich weiß, dass wenn sie eines Tages keiner mehr herstellt, dass ich die Herstellung auch alleine bewältigen kann“.

Denn Mustapha denkt nicht einen Moment daran, mit seinem Handwerk aufzuhören. Nachdem er neue Webmethoden angewandt hat, ist er wieder zu den transparenten Stoffen zurückgekehrt, welche sein Großvater hergestellt hatte. „ Ich verwende die gleichen Techniken, aber nicht die gleichen Materialien.  Mein Großvater hat hauptsächlich Seide benutzt. Heutzutage findet man das kaum mehr oder nur zu einem sehr hohen Preis. Ich habe die Seide durch satinierte Wolle, Pflanzenseide oder feine Baumwolle ersetzt. Das ist genauso schön, die Selbstkosten sind viel niedriger und vor allem sind sie einfach in der Pflege: Alle meine Stoffe sind maschinenwaschbar“.

Seine Auswahl entspricht den Anforderungen der Hoteliers mit denen Mustapha mehr und mehr arbeitet. In den vergangenen Jahren hat er hunderte Meter Stoff für die Ausstattung von prestigeträchtigen Hotels, Gästehäusern und Ferienwohnungen geliefert: Sofitel, Riad Tamsna, Caravansérail... „Meinen ersten großen Auftrag habe ich 1998 durch eine französische Künstlerin, die mit einem Amerikaner verheiratet war, erhalten: 360 Meter Sabra, in verschiedenen Grautönen, um alle Stoffe in ihrem Haus zu erneuern. Seither haben wir nicht aufgehört. Diese Woche schicke ich ein 120 auf 120 Meter breites Stück Sabra in die USA“.

Um den Aufträgen besser gerecht zu werden, wurden neue Webstühle angeschafft. Heute hat er 11, die in 2 Werkstätten verteilt sind. 16 Weber arbeiten Vollzeit. Jeder Webstuhl produziert abhängig vom Material, der Breite und der Farbe zwischen 40 cm und 3 Meter Stoff. Eine Ameisenarbeit, deren Wert Mustapha kennt. Daher verhandelt er auch nie über seine Preise: „Alle, die bei mir arbeiten, werden korrekt bezahlt. Ich könnte leicht mehr verdienen, wenn ich die Preise breche und die Löhne senke, aber ich weigere mich. Wenn meine Handwerker gezwungen wären, anderswo eine besser bezahlte Arbeit zu suchen, wird dieser Beruf in einigen Jahren nicht mehr existieren“.


Denn für Mustapha sind seine Handwerker ein bisschen wie eine zweite Familie. Auch wenn er unzweifelhaft der Chef ist, kann jeder seine Meinung sagen, jeder kann Vorschläge machen, Verbesserungen vorschlagen, sogar die Urheberschaft für neue Modelle beanspruchen. Neue Ideen für die Farben, die Stoffe oder Formen sind immer willkommen. 

Ganz wie die Maalems von früher, will Mustapha nicht anders arbeiten „Wenn ich am Morgen komme, begrüße ich alle Handwerker, einer nach dem anderen. Und wenn die guter Laune sind, bin ich es auch. Für mich besteht das Glück aus wenigen Dingen: von glücklichen Leuten umgeben sein, schöne Stoffe zu produzieren und stolz zu sein, auf das was ich mache“.


Text übersetzt aus dem französischen Original
Couleurs Marrakech, Janvier 2004: 

http://www.couleurs-marrakech.com


Sabra in den Farben des Sonnenuntergangs gewebt



Freitag, 16. Mai 2014

Sabra - Die Zunft der Weber


Die Zunft der Weber


Alle Textilien wurden früher in Fès, Marrakech oder Tétouan hergestellt. 

Die Weber waren in 3 Innungen organisiert, jede war spezialisiert auf bestimmte Stoffe oder Kleidung. Die „derraza“ haben Jellabas hergestellt und verwendeten nur Wolle und Baumwolle, Festtagskleidung wurde von den „derraza d´el haouz“ hergestellt, die Seide bearbeiteten, der manchmal satinierte Wolle oder Baumwolle beigefügt wurde, die „Btatnia“ produzierten hauptsächlich Wolldecken für Stadtbewohner. 

Auf dem Land gibt es noch zahlreiche Weber. Sie widmen sich ausschließlich den Wollstoffen. Nach der Schafsschur wird die Wolle von den Frauen verlesen, dann in tonhaltiger Erde gewaschen, abgekocht und bei laufendem Wasser ausgespült. 

Gekämmt und gebleicht, wird sie dann in lange und kurze Strähnen getrennt, je nach der späteren Verwendung. Dann wird sie auf die Spindel aufgezogen und gewebt. Die lange Vorarbeit ist viel Handarbeit, hauptsächlich weibliche. Anschließend dient die Wolle der Anfertigung von Teppichen, Decken und traditioneller Kleidung.





Montag, 5. Mai 2014

Die Sultanin und ihre goldenen Finger

Die Sultanin und ihre goldenen Finger

Als Schöpferin für Artikel für die Innenausstattung und Modeaccessoires, hat Nadia Alaoui ihr Talent nach Frankreich exportiert, aber mit dem Herzen bleibt sie in Marokko. Durch ihre Firma „La Sultane“ zeigt sie das Talent der marokkanischen Weber. Nadia hat ein Diplom der Hochschule der Schönen Künste von Tourcoing und der Hochschule Esmod in Paris und sie kreiert ihre Stoffe und Modelle nach den neuesten Moderichtungen, wie sie auf verschiedenen internationalen Messen zu sehen sind. 
Dank der wie sie sie nennt „kleinen Hände mit goldenen Fingern „ werden ihre Modelle in Marrakesch hergestellt. Vorhänge, Plaids, Kissen, Tischdecken, Hausschuhe, Taschen und Schals gehen dann nach Frankreich. Und nicht irgendwohin: Die Kollektion „La Sultane“ wird gerade bei Printemps Haussman verkauft. Franchise- Geschäfte zum Beispiel Roche Bobois und Maison Coloniale sind ebenfalls dem Talent und Können der jungen Stylistin verfallen. 

Text übersetzt aus dem französischen Original
Couleurs Marrakech, Janvier 2004: 



Freitag, 2. Mai 2014

Le Sabra - Was ist Sabra?

Was ist Sabra?




Le Sabra „soie végétale“ pflanzliche Seide ist ein Stoff aus den Fasern der Aloe Vera Pflanze. 
In Marokko nennt man so diese Stoffe, da sie aus den Fasern der Aloe Vera Pflanze hergestellt werden. Dieser Stoff ist etwas ganz besonderes, er hat die Eleganz der Seide, die Farben glänzen im Licht und werden in den herrlichsten Kombinationen per Hand gewebt.